Sri Lanka ist ähnlich wie Indien – jedenfalls was auf kleinstem Raum gedrängt Zugfahren, lecker Curry essen und chaotischen Strassenverkehr anbelangt. Kaum gelandet, befinden wir uns schon im Zug nach Kandy – eingepfercht zwischen Einheimischen, anderen Reisenden und sich durch die dichte Menschenmenge im Zug drückende Verkäufer (das ist ganz normal hier). Die Zugfahrt ist alles andere als pittoresk und entspannend (3h auf engstem Raum stehen, unsere Rucksäcke out of control irgendwo im Wagen). Lonely Planet hat für den Reiseführer wohl nicht zur vorweihnachtlichen Zeit am 22.12. rekognosziert.
Wir sind uns einig: Kandy ist überhaupt kein Candy. Die zweitgrösste Stadt Sri Lankas hat ausser der Höhenluft nichts wirklich Reizendes zu bieten. Beim Stadtbummel lernen wir die zwei lustigen Hongkonger Nicole und “Bakery” (sein Name war anders, habs mir aber so abgespeichert und ihn auch immer so genannt) kennen und beschliessen am nächsten Tag gemeinsam einen Tagesausflug nach Sigirya (historischer Löwenfelsen und UNESCO Weltkulturerbe) und Dambulla (buddhistischen Höhlentempel mit sage und schreibe 153 eindrücklichen Buddha-Statuen) zu unternehmen. Wir sind froh, dass wir bereits früh losgefahren sind und so den eindrücklichen Monolithen noch fast ohne andere Touristen besteigen können. Beim Höhlentempel herrschte grad Stromausfall, doch wir müssen natürlich trotzdem den vollen und überteuerten Eintrittspreis zahlen – macht nix, ohne Licht hatte es grad noch etwas Andächtiges, die Buddha-Statuen im Halbdunkeln der Höhlen zu besichtigen.
Wir beschliessen gemeinsam mit den beiden Hongkonger weiterzureisen und verabreden uns am nächsten Morgen, dem 24.12.17, am Bahnhof, um zusammen nach Dalhousie zum “Base Camp” des Adam’s Peak zu fahren. Mit grossem Glück erkämpfen wir uns einen knappen Stehplatz im Gang des masslos überfüllten Zuges, nur etwa 50 cm neben der offenen Wagentür. Was für eine anstrengende Zugfahrt: Teilweise nur auf einem Bein stehen und immer neue Passagiere, die bei den Stationen erfolglos einzusteigen versuchen. Hier lernen wir die beiden Kanadier Noah und Mike kennen, die sich kurzerhand unserer “Reisegruppe” anschliessen und gemeinsam mit uns den Adam’s Peak besteigen wollen. Am Weihnachtstag haben wir nämlich Grosses vor: Am Morgen um 2:00 Uhr auf den heiligen Berg pilgern, um dem Sonnenaufgang beizuwohnen. Ich bin noch etwas skeptisch, da gegen Abend leichter Regen einsetzt. Voller Spannung laufen wir zu sechst noch mitten in der Nacht los. Der Regen hat glücklicherweise aufgehört (einmal mehr Baerenhochzeit-Wetterglück). Mit uns unterwegs sind barfüssige Pilger, Familien mit Flip-Flops und kleinen Babys, Touristen, alte Leute die von jüngeren gestützt werden und sich mühsam die anstrengenden 5’900 Tritte nach oben quälen. Manchmal können wir nicht in unserem Tempo laufen, da sich ein Touristen-Stau bildet und die Menschen-Schlange nur noch mit 1 Meter pro Minute nach oben kriechen kann. Nach etwa drei Stunden kommen wir am Gipfel an und ergattern uns einen genialen Platz gegen Osten – perfekt für den Sonnenaufgang. Jetzt heisst es warm anziehen und warten. Im dichten Gedränge (ich kann mich nicht umdrehen) fasst mir jemand von hinten an die Hose und will mein Portemonnaie klauen – doch das hab ich wohlweislich vorne in der Hosentasche. Ätsch! Schliesslich werden mit einem atemberaubenden Naturschauspiel belohnt und sehen gegen Westen sogar noch den dreieckigen Schatten des Berges, der sich jeweils nur für ganz kurze Zeit auf den Wolken mystisch abbildet.
Noch am gleichen Tag nach einem kniestrapazierenden Abstieg, einer erfrischenden Dusche und einem leckeren Curry-Frühstück, sagen wir unseren Mitreisenden Adieu und lassen uns bequem mit dem Auto ins ca. 5 Stunden entfernte, in der Höhe liegende Ella chauffieren – wir haben genug vom Zugfahren. Dort checken wir nach langem Suchen in ein tolles Boutique-Hotel im Grünen ein und bleiben erst mal für drei Nächte hier. Wir geniessen das üppige sri-lankische Curryfrühstück auf unserer Terrasse (als grade mal dritte Gäste des ganz neuen Hotels werden wir fürstlich behandelt!), besuchen eine Teefabrik und lauschen dem Regen während wir chillen, lesen oder unsere Weiterreise planen. Am 28.12.17 wagen wir dann eine wiedermal halsbrecherische Busfahrt ganz in den Süden nach Galle und lernen Corina und Andre aus Österreich kennen, denen wir später nochmals begegnen werden…
Galle ist wie in einem anderen Film! Eine herausgeputzte Kolonialstadt am Meer, mit alten Stadtmauern, alles etwa doppelt so teuer wie sonst wo und einem Flair, wie in Italien. Hier leisten wir uns ein abermals honeymoonträchtiges Boutique-Hotel und treffen auf Altbekannte: Nicole und Bakery! Wie schön mit den beiden die Stadt zu besichtigen und nochmals Essen zu gehen, bevor wir uns am nächsten Tag dann endgültig Adieu sagen. Während sie heimreisen, lassen wir uns am 30.12.17 mit dem Tuck Tuck nach Weligama fahren, wo wir Baresi (ein Tausendsassa und alter Studienfreund) besuchen, der in Mirissa einen Surfshop eröffnet hat und einen ganz neuen Lebensstil geniesst. Wir lassen uns die Gegend zeigen, Baresis neue Projekte vorstellen und checken die besten Beachbars aus. Silvester feiern wir im Doctor’s House, gehen aber vor zwölf schlafen, denn für grosse Beachpartys sind wir zu verchillt (oder vielleicht zu alt?).
Gut ins neue Jahr geschlafen, sagen wir am 1.1.18 Baresi bye bye und nehmen mit Sack und Pack ein Tuck Tuck ins ca. 1h entfernte Talalla. Ein beinahe unberührtes Stück Strand mit wenigen Hotels und drei Strandkneipen. Wir haben das beste und ruhigste Hotel mit privatem Strand gebucht, um vor unserer Rückreise nochmals so richtig entspannte Tage geniessen zu können. Auf dem Weg zum Strand treffen wir auf Corina und Andre, die wir vor ein paar Tagen im Bus getroffen haben, und verabreden uns gleich am nächsten Tag informell zum Abendessen. Auf unserer Erkundungstour geraten Fabienne und ich per Zufall in einen buddhistischen Karnevalumzug und sind als einzige Weissen DIE Attraktion nebst den schrillen Guggen. Tags darauf heisst es frühmorgens Yoga machen, baden, lesen, am Strand joggen und Sonnenuntergang geniessen. Der Dinner mit Corina und Andre wird ein Gaudi und wir verabreden uns gleich nochmals für den nächsten Abend. Ein lustiger Zufall ist auch, dass wir am 5.1.18 den gleichen Flieger nachhause haben. So fahren wir am 4.1.18 zusammen mit der Bahn Richtung Colombo und erleben unsere erste angenehme Zugfahrt im Sitzen mit guten Jausn und spassiger Unterhaltung. Auch wenn wir in Negobmo nicht das gleiche Hotel haben, wie Corina und Andre, treffen wir sie zum Farewell Dinner am Strand und lassen unseren Urlaub nochmals revue passieren. Wir haben viele Abenteuer erlebt, wirklich coole Leute getroffen, im Waisenhaus grosse Freude verbreitet (nochmals merci an unsere Hochzeitsgäste) und zwei unterschiedliche und doch ähnliche Länder aus verschiedenen Perspektiven kennengelernt. Dankbar und um viele schöne Erinnerungen reicher kommen wir am 5.1.18 zuhause an und sind uns einig: Das waren bärenstarke Flitterwochen!